Geschichte der Baltistik
Baltistik ist eine der Mind -Wissenschaften und beinhaltet die Beschäftigung mit den Sprachen und Literaturen der Letten, Litauer und Altpreußen. Die Baltistik ist zudem eine Wissenschaft vom gesamten Baltikum und allen dort lebenden Menschen, ihren vielfältigen Sprachen und Subkulturen sowie ihrer sozialen und kulturellen Verflechtung mit den Nachbarregionen.
Baltistische Forschungsstätten gibt es im deutschsprachigen Raum bereits seit 300 Jahren: 1718 wurde an der Universität Königsberg ein erstes, das »Litthauische Seminar«, eingerichtet. Evangelische Pfarrer sollten dort sprachlich auf ihre Gemeindearbeit in Ostpreußen, wo damals eine große Zahl Litauer lebte, vorbereitet werden. Die Königsberger Baltistik existierte bis zum Zweiten Weltkrieg. Fast zeitgleich mit Königsberg wurde auch in Halle ein »Litthauisches Seminar« gegründet. Es war eng mit dem dortigen Pietismus verknüpft.
Im 19. Jahrhundert studierten europaweit Indogermanisten die baltischen Sprachen, die sie für besonders altertümlich hielten. Nachdem zu Beginn des 20. Jahrhunderts die baltischen Staaten entstanden waren, diversifizierte sich die Baltistik: Estonistik, Lettonistik und Lituanistik entstanden. Die drei Staaten richteten an ihren Universitäten in Tartu, Rīga und Kaunas Seminare für ihre nationalen Philologien ein.
Nach dem Zweiten Weltkrieg entstanden in Deutschland weitere Zentren der Baltistik, so z. B. in München, Berlin, Bonn und Münster. Durch den Verlust der Souveränität der baltischen Staaten kam den Auslandsbaltistiken eine besondere, kulturtradierende Bedeutung zu. Dabei waren die Forschungsinteressen einer Modernisierung unterworfen. Obwohl die Zentren also eigene Traditionen entwickelt hatten, wandelte sich die Landschaft nach 1990 erneut.
Das Greifswalder Institut für Baltistik wurde 1993 gegründet. Ihm fällt heute die Rolle des neutralen Beobachters zu. Zugleich baut es eine kulturelle Brücke zum Baltikum. Das Portfolio des Instituts umfasst ein breites Spektrum: Sprachkurse für Lettisch und Litauisch, literarisches Übersetzen, kulturelle Veranstaltungen, Texteditionen, sozial empirische Erhebungen, Konferenzen zu Sprachpolitik und Grammatik, Metaphernforschung, kulturgeschichtliche Untersuchungen und klassische Literaturanalysen.
Siehe auch: Unser Selbstverständnis