2024

Historische Fachtagung unter der wissenschaftlichen Leitung von Dr. Annalisa Martin, Professorin Dr. Annelie Ramsbrock, Naima Tiné M.A. (alle Greifswald)

Die Geschichte der Medizin erlebt seit den 1980er Jahren eine Neuorientierung: Wurde sie lange Zeit als historische Erfolgsgeschichte geschrieben, die sich aus einer Aneinanderreihung diverser Entdeckungen durch (meist männliche) Ärzte speiste, findet seit einiger Zeit eine kritische Auseinandersetzung mit medizinischen Praktiken statt. Aktuelle Studien belegen, dass Diagnostik, Behandlung und Risikovorhersage bei einer Vielzahl von Erkrankungen bedeutsame Geschlechterdifferenzen zeigen. Dabei meint Geschlecht sowohl das biologische (sex) als auch das soziale (gender) Geschlecht und schließt ein Bewusstsein für vielfältige geschlechtliche Identitäten und ihre lebensweltliche Relevanz mit ein, inklusive queere oder nichtbinäre Personen. Zugleich ist die medizinische Forschung noch vielfach auf den männlichen Normkörper zugeschnitten, berücksichtigt also verschiedenartige Geschlechteraspekte sowie andere Diversitätsmerkmale nicht oder nur am Rande. Schließlich spielen medizinische Gutachten nach wie vor eine bedeutsame Rolle beim Kampf um Anerkennung von Transidentitäten, was zeigt: Geschlecht und Medizin sind aufs engste miteinander verwoben und stehen in einem reziproken Verhältnis zueinander: Medizin ist in vielfacher Weise vergeschlechtlicht und umgekehrt findet die Vergeschlechtlichung von Patient:innen durch medizinische Praktiken und Konzepte statt.

Die Tagung wählt diese Beobachtung als Fluchtpunkt. Sie will das wechselvolle Verhältnis von Medizin und Geschlecht historisieren und die gesellschaftlichen Dimensionen sowie individuelle Konsequenzen von medizinischem Denken und Handeln ausloten. Der Körper war stets ein umkämpftes Feld, sein Status quo weder selbstverständlich noch notwendig. Besonders für das 19. Jahrhundert, aber auch für das 20. Jahrhundert gilt deshalb, dass verschiedene medizinische Konzepte und Praktiken zwar parallel zueinander existierten, ihnen der Glaube an den (männlichen) Normkörper aber ebenso eingeschrieben war wie die Überzeugung, dass männliche und weibliche Körper bestimmte biologisch determinierte sozial wirksame Funktionen haben. In welcher Weise und mit welchen Konsequenzen Gesundheit und Krankheit von diesen Prämissen ausgehend gedacht wurden, wollen wir auf unserer Tagung an konkreten Beispielen diskutieren.

So rückte der Körper um 1900 in Debatten der sozialistischen Bewegung rund um 'Ausbeutung', Arbeitsbedingungen, Entlohnung und das Ideal der körperlichen Unversehrtheit in den Mittelpunkt. In welcher Weise, warum und mit welchen sozialen Folgen dabei der arbeitende weibliche Körper anders gedacht wurde als der männliche, soll diskutiert werden. Darüber hinaus wurde die hegemoniale Medizin zu einem gängigen Herrschaftsinstrument, das biopolitische Maßnahmen naturwissenschaftlich legitimierte. Inwieweit medizinische Denk- und Handlungsweisen die Kategorie "Geschlecht" in psychiatrischen Behandlungslogiken und sozialpolitischen Maßnahmen berücksichtigten oder ignorierten und welche Folgen für die Feststellung von Gesundheit und Krankheit eines Individuums damit einhergingen, wird in zwei weiteren Panels hinterfragt. Nicht zuletzt soll auch die Alternativmedizin in den Blick geraten, denn auch hier, so scheint es, führte das dichotome Zwei-Geschlechter-Modell zu normativen Diagnose- und Behandlungslogiken, deren Entstehung und Entwicklung wir ebenfalls auf ihre sozialen Konsequenzen hin befragen möchten.

Wissenschaftliche Leitung:
Dr. Annalisa Martin,
Professorin Dr. Annelie Ramsbrock,
Naima Tiné M.A. (alle Greifswald)

Veranstaltungsort:
Alfried Krupp Wissenschaftskolleg Greifswald
 

Workshop unter der wissenschaftlichen Leitung von P. Elias H. Füllenbach O.P. und Prof. Dr. Sabine von Heusinger, Köln sowie Prof. Dr. Cornelia Linde, Greifswald (26.-27.07.2024)

Der dritte internationale Workshop zu Dominikanerstudien soll den BearbeiterInnen laufender Dissertations- oder Habilitationsprojekte, die sich mit Dominikanerinnen/Dominikanern und Aspekten ihrer Geschichte befassen, erneut ein Forum zur Diskussion und Vernetzung geben. Alle Interessierten sind herzlich willkommen!

Veranstalter:
Prof. Dr. Cornelia Linde, Historisches Institut, Universität Greifswald; P. Elias H. Füllenbach O.P., Institut zur Erforschung der Geschichte des Dominikanerordens im deutschen Sprachraum; Prof. Dr. Sabine von Heusinger, Historisches Institut, Universität zu Köln

Veranstaltungsort:
Dominikanerkonvent St. Albert, Aurelius-Arkenau-Haus, Leipzig

Internationale Fachtagung des Lehrstuhls für Allgemeine Geschichte des Mittelalters der Universität Greifswald unter der wissenschaftlichen Leitung von Dr. Ralf-Gunnar Werlich (Greifswald)

Die Tagung beschäftigt sich mit Wappen als ein im Mittelalter und in der Frühen Neuzeit weitverbreitetes europaspezifisches Phänomen der visuellen Kommunikation und ihrer Rolle in politischen, dynastischen, militärischen und rechtlichen Konflikten. Mit dieser Schwerpunktsetzung betritt sie Neuland. Dies umso mehr als an konkreten Fallbeispielen orientiert erstmals derartige Konflikte europaweit vergleichend untersucht werden. Dabei reicht der zu durchmessende geografische Raum von Portugal bis Polen, von Schweden bis Italien. Dieser Zugriff verspricht zahlreiche neue Erkenntnisse nicht nur zur Geschichte verschiedener Wappen und ihrer Instrumentalisierung, sondern u.a. auch im Bereich der Landesgeschichte sowie der Konflikt- und Kommunikationsforschung. Gerade in einer Zeit, in der die Macht der Bilder und Symbole in politischen Konflikten besonders spürbar ist, sind Forschungen zu den im Mittelalter und der Frühen Neuzeit omnipräsenten heraldischen Symbolen, ihrer Verwendung und Wirkung von besonderer Aktualität. Für die Referate konnten ausgewiesene Expertinnen und Experten aus dem In- und Ausland gewonnen werden. Die Tagung wird dazu beitragen, die deutsche und internationale heraldische Forschung weiter zu vernetzen, der Unterrepräsentation heraldischer Themen in der deutschen Forschungslandschaft entgegenzuwirken und trägt zudem aktuellen Forderungen nach einer stärkeren Einbindung von Bildquellen in die historische Forschung Rechnung.

Tagungsleitung:
Dr. Ralf-Gunnar Werlich

Veranstaltungsort:
Alfried Krupp Wissenschaftskolleg Greifswald

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2023

Internationale Fachtagung unter wissenschaftlicher Leitung von Robert Friedrich, M. Ed. und Professorin Dr. Cornelia Linde (beide Greifswald)

With the emergence of the mendicant orders at the beginning of the thirteenth century, Europe’s religious landscape changed fundamentally. Soon these new orders had spread across the entire continent and beyond, founding convents in numerous cities, and quickly establishing themselves in the vicinity of political centres of power. There, the mendicants served not only as confessors and chaplains, but also as diplomats and advisors, as translators and spies. These positions allowed them to exert significant influence on political decision-making processes and also on the decisions themselves.

This international conference will assess these relationships between potentates and mendicant orders by bringing together internationally renowned scholars to explore this field of interaction between religion and politics in late medieval Europe from a comprehensive comparative perspective for the very first time. In addition to the actual connections between orders and rulers, representations and ideas of these links to power will also be examined. For this purpose, papers will draw on, for instance, sermons and visions, thus taking into consideration two important genres for the popular communication of knowledge, news, and ideas in the Middle Ages. With this conference, we hope to generate new insights into such diverse fields as the history of political ideas, of religious orders, of diplomacy, of piety, and of rulership more broadly.

Tagungsleitung:
Professorin Dr. Cornelia Linde
Robert Friedrich, M. Ed.

Veranstaltungsort:
Alfried Krupp Wissenschaftskolleg Greifswald

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2022

unter der wissenschaftlichen Leitung von Svenja Goltermann, Jakob Odenwald, Annelie Ramsbrock, Franziska Rueedi

unter der wissenschaftlichen Leitung von Svenja Goltermann, Jakob Odenwald, Annelie Ramsbrock, Franziska Rueedi

This international workshop aims to engage with the history of nonviolence in Europe in the second half of the 20th century. In diverse social and political spheres, different forms of violence have been delegitimised, and nonviolence has become a guiding principle. Has there been a paradigm shift regarding ideals of nonviolence in politics, social relations, and public discourse in Europe?

Utopias of Nonviolence. Ideas, Regulations, and Blindspots in Europe since 1945

Ideals of nonviolence have been central in shaping European societies after World War 2. Nonviolence has become a guiding principle in social and political spheres as diverse as conflict resolution or education.

Are we witnessing signs of a paradigm shift regarding ideals of nonviolence in politics, social relations, and public discourse in Europe? Numerous examples highlight apparent tensions between these ideals and lived experiences of violence in different spheres. However, what does it mean to advocate for nonviolence in a world that continues to experience high levels of violence? We will explore these questions and the fields of inquiry they open up: what are the genealogies of concepts of nonviolence in different European societies? Which authors and texts were influential? What roles did various scientific disciplines, organisations, and actors play in popularising and entrenching concepts of nonviolence? Whose experiences, voices, and interests were centred or marginalised in different fields and debates? When, how, and why were ideals of nonviolence invoked, embraced, or contested – and by whom? Which forms of violence have been delegitimised, and which ones have been entrenched, normalised, and rendered invisible in discourse? In which spheres and to what effect have expectations of nonviolence become institutionalised? How do ideals of nonviolence relate to ideology, power, political interests, and forms of exclusion? Moreover, has the discourse on nonviolence impacted how violence is framed and spoken about, or vice versa?

Veranstalter:
Svenja Goltermann (Zürich), Jakob Odenwald (Zürich), Annelie Ramsbrock (Greifswald), Franziska Rueedi (Zürich)

Veranstaltungsort:
Zürich