CfP Tagung: „30 Jahre Abzug der ehemaligen sowjetischen Truppen aus Deutschland – Ursachen, Verlauf und Wirkungen“

Über fast keinen Ort an der Ostseeküste wird seit Monaten so viel gesprochen wie über Mukran bei Sassnitz. Begleitet von Protesten aus der Bevölkerung entsteht am dortigen Tiefseehafen ein Flüssiggas-Terminal. Vor 30 Jahren blickte die Öffentlichkeit ebenfalls nach Mukran, als feierliches militärisches Zeremoniell dort 1994 das Ende des Abzugs der ehemaligen sowjetischen Truppen aus Deutschland markierte.

Mit diesem Festakt und einer Parade in Berlin ging ein historisches Kapitel zu Ende: die militärische Präsenz der Sowjetunion in der SBZ/DDR seit 1945 mit fast 500.000 Soldaten, Angestellten und Familienangehörigen sowie einem gewaltigen Waffenarsenal inklusive Atomsprengköpfen. Fast die Hälfte der Ausrüstung der „Westgruppe der Truppen“ (WGT) kehrte über den Fährhafen und den Hafen Klaipeda in Litauen nach Osten zurück. Der Rest wurde per Bahn und Flugzeug in ein Land transportiert, das am 31. Dezember 1991 aufhört hatte zu existieren. Doch nicht nur in der Russischen Föderation entstanden Garnisonen und Wohnungen für die aus der Bundesrepublik abziehenden Soldaten und Offiziere, sondern auch in Belarus und der Ukraine. Was wurde aus diesen Projekten und wie wirkten sie auf die Streitkräfte der neu gebildeten Staaten?

Dass die (ehemalige) sowjetische Militärmaschinerie ab 1991 komplett in Richtung Osten abziehen würde, hatte während des Bestehens des Warschauer Paktes niemand erwartet. Viele Fragen bleiben offen und sollen während der Tagung diskutiert und bewertet werden:

• Welche politischen Entscheidungen hatten dazu geführt?

• Welche technischen Voraussetzungen waren für ein solches Unternehmen notwendig, das als größte Truppenverlegung der Menschheitsgeschichte in Friedenszeiten gilt?

• Welche Rolle spielten die Geheimdienste?

• Warum eignete sich der Fährkomplex Mukran besonders für den Transport in Richtung Osten?

• Wie gelang in revolutionären Zeiten und innenpolitischer Instabilität in den Staaten Osteuropas ein Unternehmen dieser Größenordnung ohne schwerwiegende Zwischenfälle?

• Welche Bedeutung bekam der Abzug für die Neugestaltung der sicherheitspolitischen Architektur in Zentral- und Ostmitteleuropa?

• Und inwieweit wirkt der Abzug – insbesondere hinsichtlich der Bewertung in Russland - bis heute nach?

Mit diesen und weiteren Fragen werden sich Historiker*innen und Zeitzeug*innen auf der Tagung „30 Jahre Abzug der ehemaligen sowjetischen Truppen aus Deutschland – Ursachen, Verlauf und Wirkungen“ vom 7. bis zum 9. November 2024 an der Universität Greifswald beschäftigen. Tagungssprachen sind Deutsch und Englisch.

Die Tagung will Akzente für die Regionalgeschichte Mecklenburg-Vorpommerns und die Geschichte des Ostseeraumes setzen, indem sie lokale mit internationalen/transnationalen und geschichtswissenschaftliche mit zeitzeugenschaftlichen Perspektiven verbindet. Die Kosten für Reise, Unterkunft und Verpflegung werden von den veranstaltenden Institutionen übernommen. Teilnahmegebühren fallen nicht an.

Abstracts bitte bis zum 15. Juli 2024 an Dr. Arne Segelke: segelkea@uni-greifswald.de

Die Tagung wird veranstaltet von der Universität Greifswald, dem Max Weber Netzwerk Osteuropa, dem Zentrum für die Erforschung des Kalten Krieges der Süddänischen Universität und dem Lehrstuhl für Zeitgeschichte der Universität Rostock mit Förderung der Landeszentrale für Politische Bildung Mecklenburg-Vorpommern.

Mehr Informationen